Tageblatt-Interview mit Julian Zurkuhl und Maximilian Stascheit
Der eine ist der Vorsitzende des Ochtruper Jugendparlaments, der andere Geschäftsführer des Gremiums: Maximilian Stascheit und Julian Zurkuhl hören nun nach fünf beziehungsweise drei Jahren auf. Im Tageblatt-Interview ziehen sie ein Fazit.
Im Ochtruper Jugendparlament gehören sie zu den alten Hasen: Vorsitzender Maximilian Stascheit (17) und Geschäftsführer Julian Zurkuhl (17). Doch nach fünf beziehungsweise drei Jahren in diesem Gremium hören beide nun auf. Im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied Anne Steven ziehen sie Bilanz.
Im September wählen die Ochtruper Jugendlichen ein neues Jugendparlament. Ihr beide steht dann nicht auf der Wahlliste. Keine Lust mehr?
Maximilian Stascheit: Ach, was heißt keine Lust mehr. Ich habe das jetzt fünf Jahre lang sehr gerne gemacht, aber ich denke, irgendwann ist es auch mal genug und an der Zeit, dass wieder ein paar Jüngere dazukommen, die ihre Ideen einbringen. Die nächste Amtszeit geht bei mir außerdem über das Abitur hinaus. Da weiß ich noch nicht, wie viel Zeit ich dann haben werde.
Julian Zurkuhl: Bei mir ist es ähnlich. Außerdem, wenn man jetzt mal drei Jahre weiterdenkt, sind wir schon 20. Ob man sich dann noch so gut in die Zwölf- oder 13-Jährigen hineinversetzen kann, weiß ich nicht.
Was war damals der Grund für Euch, für das Jugendparlament zu kandidieren?
Stascheit: Ich fand das einfach interessant, sich als Kind oder Jugendlicher zu beteiligen, seine eigenen Ideen einzubringen und einen Einblick in die Arbeit der Politiker zu bekommen.
Zurkuhl: Wir durften selber mitentscheiden. Außerdem knüpft man Kontakte, lernt ganz viele Leute kennen und kann sich durch die Arbeit im Jugendparlament besser eine Meinung bilden. Sehr hilfreich übrigens auch bei Stadtratswahlen.
Was nehmt Ihr beide aus den zahlreichen Rats- und Ausschusssitzungen mit?
Zurkuhl: Man lernt, dass politische Prozesse mitunter lange dauern. Dass Anträge und Ideen erst einmal durch sämtliche Ausschüsse müssen und, dass es einfach seine Zeit dauert, bis eine Idee umgesetzt werden kann. Dann kommen noch viele unterschiedliche Meinungen hinzu, und man muss das Budget im Auge behalten.
Stascheit: Man lernt, dass vieles nicht so einfach ist, wie man es sich vielleicht vorgestellt hat. Es gibt so viele Aspekte, die bei Beschlüssen berücksichtigt werden müssen, und meistens wird es deutlich teurer, als man gedacht hat.
Drehen wir den Spieß einmal um: Was können die Politiker im Rat von den Mitgliedern des Jugendparlaments lernen? Was können sie anders oder auch besser machen?
Stascheit: Der große Unterschied zwischen den politischen Sitzungen und unseren Sitzungen ist, dass gerade, wenn der Rat oder die Ausschüsse zusammenkommen, viel gegeneinander gearbeitet wird. Die Parteien haben unterschiedliche Meinungen, aber manchmal geht es den Mitgliedern nur darum, andere Ideen prinzipiell nicht zu unterstützen. Wir im Jugendparlament arbeiten da einfach mehr zusammen und diskutieren auf ruhiger und sachlicher Ebene. Grundsätzlich haben wir ja alle das Ziel, die Stadt Ochtrup voranzubringen. Da könnte man schon versuchen, etwas mehr an einem Strang zu ziehen.
Habt Ihr Euch in den Sitzungen der erwachsenen Politiker ernst genommen gefühlt?
Zurkuhl: Doch, schon. Wir haben meist mit am Tisch gesessen und durften uns an den Diskussionen beteiligen. Das fand ich gut. Man wurde für voll genommen und respektiert.
Stascheit: Es kam auch vor, dass Anträge gestellt wurden, die im Rat zunächst auf Zustimmung gestoßen sind, dann aber aufgrund unserer Einschätzung zurückgezogen wurden. Da haben wir uns sehr ernst genommen gefühlt. Mit der Zeit haben wir die Politiker immer besser kennengelernt und wussten, die sind als Ansprechpartner für uns da. Ich glaube, das ist seit der Gründung des Jugendparlaments stark gewachsen.
Wenn Ihr Euch an den Diskussionen in den Sitzungen beteiligt, seid Ihr dann nervös?
Zurkuhl: Also, gerade am Anfang ist man schon nervös. Man kennt die Leute noch nicht so gut, dann der gehörige Altersunterschied. Schließlich möchte man etwas Sinnvolles sagen und konstruktiv zur Diskussion beitragen. Da überlegt man sich vorher, was man sagt.
Stascheit: Ich war gerade zu Anfang immer total nervös. Vor allem auch, weil man wusste, wenn ich jetzt etwas sage, hat im Rat vielleicht jemand etwas dagegen und weil man gewisse Tonalitäten schon kannte. Wir haben natürlich schnell gemerkt, dass die Politiker zu uns immer nett waren, aber gerade zu Anfang hat man da gehörig Respekt und überlegt sich drei Mal, was man sagt.
Du hast es gerade schon angesprochen: Im Rat herrscht mitunter ein rauer Ton. Ist es Euch auch passiert, dass Ihr Euch eine verbale „Watsche“ eingefangen habt?
Stascheit: Also, teilweise ist das schon mal vorgekommen. Die Politiker haben sich für ihre Reaktion aber nachher bei uns entschuldigt und gesagt, dass es nicht so gemeint war, wie es vielleicht rübergekommen ist.
Zurkuhl: Gerade als Kind oder Jugendlicher neigt man aber schon dazu, etwas zu sagen, was nicht ganz so sinnvoll oder am Thema vorbei ist. Da bekommt man dann eine Reaktion. Die haben wir aber immer als Denkanstoß genommen.
Seid Ihr zufrieden mit dem, was Ihr im Jugendparlament, erreicht habt?
Zurkuhl: Ja, ich denke schon. Man kann als Jugendparlament natürlich nicht die ganz großen Sachen realisieren, vielleicht nur anstoßen. Aber ich glaube, gerade für die Jugendlichen haben wir einige kleine Verbesserungen durchgesetzt, die das Leben in Ochtrup besser machen, beispielsweise im Stadtpark.
Stascheit: Gerade die Vergrößerung des Spielplatzes dort ist ein Anstoß und ein Anfang, an dem das neue Jugendparlament weiterarbeiten kann. Generell war es uns wichtig, uns in die Ausschüsse einzubringen und zu sagen, was wir von den Vorschlägen der Parteien halten.
Ihr habt Euch nicht nur im Jugendparlament für die Belange der Jugendlichen eingesetzt, sondern auch Veranstaltungen organisiert. Gab es das ein Highlight?
Zurkuhl: Die Podiumsdiskussion mit den beiden Bürgermeisterkandidaten. Das war eine tolle Möglichkeit für Jugendliche, in einem kleineren Rahmen ihre Fragen zu stellen.
Stascheit: Die Rückmeldungen, die wir dazu bekommen haben, waren einfach grandios. Alle waren begeistert, und ich glaube, da konnten wir richtig auf uns aufmerksam machen.
Welche Themen brennen den Jugendlichen denn unter den Nägeln?
Zurkuhl: Der Skaterpark. Da hoffen viele Jugendliche, dass der noch erweitert und mit neuen Rampen ausgestattet wird. Der ist wirklich ein Anziehungspunkt auch für Jugendliche aus den Nachbarstädten.
Stascheit: Generell interessieren sich die Jugendlichen für Freizeitmöglichkeiten und öffentliche Treffpunkte. Da muss man einfach gucken, was noch zu machen ist.
Ihr habt jetzt schon ein paar Dinge genannt, die Ihr in Ochtrup verändern würdet. Stellt Euch jetzt mal vor, eine gute Fee käme zu Euch und Ihr hättet drei Wünsche für Ochtrup frei. Welche wären das?
Zurkuhl: Die Belebung der Innenstadt und dadurch eine Balance zwischen Innenstadt und FOC. Im Moment steht die Innenstadt im Schatten des Outlets.
Stascheit: Eine Modernisierung des Freibades, vielleicht mit einer großen Rutsche. Ich weiß mittlerweile, dass so etwas finanziell unglaublich schwierig ist. Von einer guten Fee würde ich es mir aber wünschen.
Stascheit: Ein schöner Park, der Sport- und Freizeitmöglichkeiten miteinander vereint. Mit einer großen Skateranlage, vielleicht mit Plätzen zum Basketball oder Fußball spielen.
Zurkuhl: Ein Ort, an den alle Generationen und auch alle Nationalitäten kommen können, ein interkultureller und generationenübergreifender Treffpunkt. Ein lebenswerter Ort eben.
Was würdet Ihr Jugendlichen, die sich im Jugendparlament engagieren möchten, mit auf den Weg geben?
Zurkuhl: Man muss sich für fast nichts schämen, was man im Jugendparlament einbringt. Da wird niemand ausgelacht. Man darf immer den Mund aufmachen.
Stascheit: Dass sie kreativ sein sollen. Keiner muss einen perfekt ausgearbeiteten Antrag vorlegen. Und sie müssen in den Ausschüssen oder Ratssitzungen keine Angst vor den Politikern haben. Die können alle ganz nett sein.
Quelle: www.tageblatt-online.de, 15.08.2015